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Zanny Minton Beddoes

„In der EU steht Regulierung vor Innovation.“

Zanny Minton Beddoes, Chefredakteurin von ‚The Economist‘, identifizierte drei große Schockwellen, die unsere Zeit prägen: die geopolitische, die wirtschaftspolitische und den technologischen Wandel. Mit Blick auf die Geopolitik und die zweite Amtszeit von Donald Trump sagte sie: „Wir erleben definitiv das Ende der Nachkriegsordnung.“ Die Welt werde transaktionsorientierter, unvorhersehbarer und weniger kooperativ.

Wirtschaftlich beobachtete sie eine Abkehr von offener Marktwirtschaft hin zu Protektionismus und staatlichen Eingriffen. „Ein schlanker Staat mit ausgeglichenem Haushalt ist etwas von gestern“, so Beddoes. Besonders in den USA, aber auch in Europa, seien hohe Defizite und staatliche Eingriffe zur neuen Normalität geworden.

Technologisch stehen wir laut Minton Beddoes am Anfang einer KI-Revolution, die unser Leben und Arbeiten tiefgreifend verändern wird. „Der Preis für den Zugang zu Künstlicher Intelligenz wird drastisch sinken, während gleichzeitig die Fähigkeit von Maschinen steigen wird, menschliche Funktionen und Arbeiten zu übernehmen.“ 

Die USA profitierten kurzfristig von allen drei Schockwellen, so Minton Beddoes. Doch sie warnt: „Ich denke, dass die Kosten für diesen Protektionismus noch steigen werden.“ Sie erwartet, dass die Risiken für die amerikanische Demokratie zunehmen und eine Korrektur an den US-Aktienmärkten wahrscheinlich ist. Für Europa zeichnet Beddoes ein spiegelverkehrtes Bild: „In allen drei skizzierten Umbrüchen gehört Europa eindeutig zu den Verlierern.“ Und sie kritisierte: „In der EU steht Regulierung vor Innovation.“ 

Entscheidend sei, dass Europa jetzt entschlossen handelt: „Ich glaube, dass es nur ein kurzes und begrenztes Zeitenfenster gibt, in dem die EU endlich die nötige Durchschlagskraft entwickeln muss. Andernfalls droht uns nicht nur der allmähliche Niedergang in ein Museum, sondern etwas weitaus Düstereres.“